Mein Glaube

Darius Lebok OFM
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MG095_Impuls zum Thema Armut

Bruder Tarek betont die Bedeutung der Armut in der franziskanischen Spiritualität und die Herausforderung, eine Balance zu finden. Er ermutigt zur bewussten Auseinandersetzung mit dem Thema, um die Tradition zu bewahren.

18.04.2024 35 min

Zusammenfassung & Show Notes

Impuls zum Thema Armut bei Franziskus von Assisi von P. Darius Lebok OFM.

Transkript

Ich bitte um den Dank, dass du gekommen bist und diese Zeit mit uns verbringst. Bruder Tarek, mit Bruder Tarek haben wir so manches schon mit zusammengearbeitet in Tüchern und stammt von der Provinz Katowice, jetzt ist er in der Provinz Österreich, Südtirol, der Franziskaner, zweites Stück im Abschnitt hast du in Katz gemacht und in verschiedenen Bereichen schon eingesetzt, Ist die Pfarrsensorge in Österreich? Kloster geschlossen schon. Alles möglich. Es ist eine schöne Zeit, dass der Tarek des Bundesjugendsensorger war in Österreich. Jetzt bist du in Maria Hetzelsdorf und Franz Hieb sind von dir betreut, von der Barakümsorganisation der Franziskaner. Also du bist jung und auch mit viel Erfahrung, mit Wittererfahrungen, mit missionarischen Erfahrungen. Wir sind dir sehr dankbar, dass du dir heute Zeit für uns nimmst und ein paar Gedanken mit uns teilst und auch die eucherst, die du mit uns feierst. Danke. Ich bin so frech, dass ich mir jetzt die Freiheit genommen habe, über Armut zu euch zu sprechen. Das haben wir schon alle 10.000 Mal gehört und da gibt es eigentlich nichts Neues zu sagen dazu. Aber ich habe mir gedacht, ein bisschen Licht darauf zu werfen, weil es ist zwar ein Thema, das uns ständig begleitet, aber im Alltag schlägt sich das oft nicht so durch. Aus verschiedensten Gründen, weil es auch heutzutage nicht mehr so möglich ist, an und zu leben, wie Franziskus das gelebt hat. Vielleicht für den Einzelnen, aber sicher nicht für die Gemeinschaften. Und trotzdem ist es ein Anspruch, der an uns herangetragen wird, denn wir auch als Gemeinschaft, theoretisch zumindest, haben in der Praxis, sieht es dann sehr unterschiedlich aus. Und ich habe mir so zwei Fragmente aus der Sammlung von Perugia ausgewählt. Ich habe sie für euch ausgedruckt, leider zu Hause gelassen. Ich schicke sie dann als PDF. Da kannst du vielleicht für die eigene Betrachtung mitnehmen. Das sind so zwei sehr typische Erzählungen über Franziskus und die ersten Brüder. Das ist alles, was sehr bekannt klingt, auch wenn man vielleicht die konkreten Stellen nicht kennt. Das erste Fragment ist so, Franziskus wird durch die Armut eines Nochärmeren beschämt. Als der selige Franziskus einmal predigend durch ein bestimmtes Gebiet zog, begab es sich, dass er einem ärmlichen Mann begegnete. Als er dessen große Armut betrachtete, sagte er zu seinem Gefährten, die Armut dieses Mannes da erfüllt uns mit tiefer Beschämung und tadelt unsere Armut sehr. Sein Gefährte erwiderte ihm und sprach, in welcher Weise, Bruder? Darauf jener, eine tiefe Beschämung ist es für mich, wenn ich jemanden treffe, der ärmer ist als ich, während ich doch die heilige Armut als meine Herrin, meine Wonne und meinen geistlichen und leiblichen Reichtum erwählt habe. Dieser Kunde wird inzwischen in aller Welt erklungen sein, dass ich nämlich vor Gott und den Menschen die Armut gelobt habe. Deshalb also muss ich mich schämen, wenn ich einen Menschen treffe, der ärmer ist als ich. Also das ist so eine 0815 Erzählung über Franziskus, also das klingt sehr bekannt und sehr für Franziskus auch typisch. Also er ist einem Menschen begegnet, der arm ist und Franziskus nimmt sehr oft die Menschen, denen er begegnet, als Beispiel für die Brüder, irgendetwas zu erklären. Und da geht es, also das ist nur die Begegnung hier, von der berichtet wird. Aber ich kann mich erinnern, wir hatten vor der ewigen Prophesie, wie das so üblich früher war, so vier Wochen mehr oder weniger Vorbereitungszeit und auch Exerzitien. Und wir hatten damals noch Exerzitien gemeinsam für alle fünf Provinzen, keine Ahnung wo das war, irgendwo in Mittelpolen und das war sehr lustig für mich, wie wir da angekommen sind. Also von jeder Provinz ist ein Kleinbus oder irgendwas ähnliches gekommen, so viele waren wir nicht und wir sind dann ausgestiegen und wir waren die ersten, die dort angekommen sind, haben unsere Sachen genommen, sind ganz normal hingefahren. Wie es damals so üblich war, alle im Habit, mehr oder weniger nicht wissen, was auf einen zukommt, haben unsere Sachen in die Zimmer gepackt. Dann sind die Brüder aus der Bernardina-Provinz gekommen. Die sind aus ihrem Bus rausgestiegen, sind gleich in die Kirche gestürmt, Rosenkranz beten oder den Herrn zu begrüßen. Und dann haben sie ausgepackt und ihre Sachen auf die Zimmer gebracht. Und dann später sind die Reformaten gekommen, an die kann ich mich am besten erinnern. Keiner hat den Habit getragen, also das ist die Krakauer Provinz, keiner hat den Habit getragen. und das war um das Jahr 2000. Jeder hatte so ein dickes Handy und wir waren entrüstet über sie. Sie sind überhaupt nicht in die Kirche gegangen, sondern aufs Zimmer oder irgendwie telefonieren mit Bekannten. Warum ich euch das erzähle, weil für mich war es damals auch so eine Frage. Wenn man jünger ist, wer ist da irgendwie besser in dieser ganzen Sache? Welche Provinz ist näher an dem? Was eigentlich das franziskanische Ideal wäre. Und es ist eine lächerliche Geschichte letzten Endes, aber ich glaube, dass es bei den ersten Brüdern und bei Franziskus schon diesen Wettstreit gab, sehr oft. Wir möchten so arm sein, wie es nicht mehr geht. Und die Brüder haben ganz am Anfang versucht, also die Einzelnen, die mit Franziskus das Leben begonnen haben, also der Nachfolger, die haben versucht so wie er zu werden oder so wie er zu leben und manchen ist es gelungen, aber sehr schnell hat man das im Orden dann. Einfach bemerkt, dass es nicht möglich ist für die Gemeinschaft. Und das ist auch nicht das Ziel, dass wir in der Gemeinschaft alle, so wie Franziskus, die Armut beobachten. Vor allem, wenn es um die Armut geht. Der wollte am Anfang keine Klöster, nichts, kein Geld. Heute kann man sich das nicht einmal vorstellen, so zu leben. Also als Einzelne vielleicht in der Gemeinschaft kann man die Oberen darum bitten, dass einem erlaubt wird und ist vielleicht an manchen Orten in der franziskanischen Welt auch Wirklichkeit, aber als Gemeinschaft in einem Haus, wo man normalerweise auch in Österreich ein altes Haus hat, das man erhalten muss, kann man das nicht leben. Aber dieser Geist des Wettstreits darum, dass wir mehr irgendwie französisch sind als die anderen, das ist eine gute Sache im Grunde genommen. Das ist auch ein bisschen verloren gegangen, das merke ich in meiner Gemeinschaft, dass sehr viele Brüder sehr gelascht geworden sind. Also die wollen nichts mehr vom Leben, die haben keine Ziele, die wollen nichts erreichen. Also für mich war es, als ich nach Graz gekommen bin, um das Studium abzuschließen, war es manchmal sehr bedrückend, halbwegs junge Brüder zu treffen und mit ihnen zu reden. Und für mich war es selbstverständlich, ich möchte das und das noch irgendwie studieren oder ich möchte als Missionar dorthin gehen oder sonst was. Die zehn Jahre älteren habe ich gefragt, was willst du in deinem Leben noch erreichen? Na, ich gehe dorthin, wo mich der Obere schickt. Also ich will das nicht lächerlich machen, weil das ist auch ein Geist des Gehorsams. Aber sehr oft war es so, ohne irgendwelche Vorstellungen, was ich im Leben erreichen möchte. Und nicht nur so menschlich gesehen, also welches Amt ich irgendwann haben will oder Aufgabe in der Provinz oder irgendwo, sondern auch spirituell. Ich merke, dass viele Brüder ausgelaugt sind, dass da kein innerer Antrieb mehr ist, irgendetwas zu erreichen in der Nachfolge. Und das ist sehr bedrückend für mich. Deswegen sind solche Geschichten über Franziskus aus der Anfangszeit für mich sehr lehrreich und sehr wichtig, sich irgendwie wieder entflammen zu lassen. Und es geht jetzt nicht darum, irgendwie im Hinblick auf die Armut das eigene Leben groß umzukrempeln, weil vieles wird einfach nicht möglich sein. Du kannst zwar deine Zelle leer räumen, aber ich kann dir garantieren, in sechs Monaten wirst du wieder so viel Club haben, das du nicht brauchst, dass du von vorne anfangen kannst. Kann man so machen, warum nicht, ist auch eine gute geistliche Übung. Aber in der Frage der Armut bei Franziskus geht es um etwas ganz anderes. Zumindest so mein Eindruck. Weil die Frage der Armut, das ist auch eine Frage, die unsere Ordensgemeinschaften seit Anfang an begleitet und das ist der Punkt, wo die Spaltungen im Orden immer entstanden sind. Die Observanz ist daraus entstanden und auch die Kapuziner letzten Endes, weil die Lebensweise der Gemeinschaft unzufriedenstellend war, wenn man sie mit dem Ideal der Armut, die Franziskus hatte, verglichen hat. Da sind immer wieder Spaltungen entstanden, weil das für uns wichtig ist, wie wir die Armut leben. Ich frage euch selber, für mich ist es manchmal eine sehr beschämende Übung, Aber wenn ich meine Provinz oder irgendein komplettes Kloster aus der Provinz versuche mir anzuschauen und frage mich dann, was macht den Unterschied, den franziskanischen Unterschied zu, weiß ich nicht, zu den Benetinern oder zu irgendeiner anderen Gemeinschaft. Und wenn man ehrlich ist, was unterscheidet unsere Gemeinschaften sehr oft in der Lebensweise von den anderen? Nichts. Also das ist zumindest meine traurige Feststellung in meiner Provinz, muss ich ehrlich sagen. Hoffentlich ist es bei euch ein bisschen anders. Aber ich würde mir für mich selber wünschen und auch für meine Brüder, auch für euch, dass wir klar sagen können, was dieses Franziskanische eigentlich ist. Und das Erste, was immer kommt, ist Armut. Die Frage, warum wir überhaupt über die Armut nachdenken sollen, also die Art und Weise, wie wir zeitliche Güter verwenden, das muss man so sagen, das darf man nicht so sehr vergeistlichen. Warum ist das so wichtig? Aus der Geschichte des Ordens sieht man, dass es wichtig ist. Und von außen betrachtet, ich arbeite ja jetzt mittlerweile für Franz Hilf, ein Hilfswerk, mittelgroß. Und man unterstützt finanziell viele Projekte, weil man sich die Finger nicht rechtlich machen will oder machen kann. Das machen die anderen, wir schicken das Geld. Ich sehe das aus meiner Perspektive als einen sehr wichtigen Dienst. Wir können in Österreich an Geld kommen von Spendern, um es weiterzugeben. Zu geben, damit Menschen, die wirklich in Not sind, geholfen wird. Und so werden wir von außen sehr oft betrachtet, was die Frage der Armut betrifft. Dass wir eine Ortsgemeinschaft sind und das haben alle Provinzen, eine lange Tradition, den Armen zu helfen. In fast jedem Kloster, und das merke ich auch bei euch, ist es so, in jedem Kloster, bei den Kapuzinern, wo ich war, bei uns ist es ein bisschen eingeschlafen. Aber es gibt eine Pforte, wo Leute einfach kommen und um etwas bitten. Ob sie dann etwas bekommen, das ist eine andere Sache. Aber das ist für viele selbstverständlich. Wenn ich hungrig bin, kann ich zu den Kapuzinern, zu den Franziskanern gehen und ich bekomme irgendwas. Und die Leute nutzen die Möglichkeit. Und so werden wir auch von außen hin wahrgenommen, sehr oft, dass diese Frage der Armut sehr viel mit Hilfe für Bedürftige zu tun hat. Aber wenn man sich das Leben des Franziskus anschaut, das war ihm nicht so super wichtig. Also es gibt schon Erzählungen von ihm, wo er irgendwas verkauft hat, um jemandem zu helfen. Das gibt es schon, aber das sind eher wenige Erzählungen. Es gibt vielmehr solche Begegnungen mit den Armen. Und Franziskus hilft dann in keiner dieser Geschichten den Armen, oder in ganz wenigen, er hilft dieser Not nicht ab, sondern er begegnet ihm und sieht darin etwas anderes. Das ist nicht so sein erster Impuls, irgendwie zu helfen, dass es den Armen besser geht. Für uns ist es ein bisschen anders und das ist auch gut so, dass es ein Teil unserer Identität ist. Dass wir auch für die Armen sorgen. Das ist sehr wichtig und das ist zwar geschichtlich gewachsen und war nicht die erste Absicht des Gründers, aber ich glaube, das ist etwas, worüber wir auch nicht diskutieren müssen. Das ist eine Selbstverständlichkeit, Gott sei Dank, in sehr vielen Gemeinschaften. Zweiter Grund, warum ich sehe, dass die Armut für unsere Gemeinschaft wichtig ist, und das ist schon mehr Franziskanisch. Das hat auch mit Franziskus zu tun. Und da geht es um die Humilitas, um die Demut. Und das ist bei Franziskus ganz klar, die Demut ist die wichtigste Tugend. Also wenn man sich seine Schriften durchliest und die Erzählungen über die Brüder, die Demut ist sehr wichtig. Und das ist auch in dieser kurzen Erzählung, die ich vorgelesen habe, er ist beschämt, dass es jemanden gibt, der ärmer ist als er. Und er möchte demütig sein und noch ärmer sein. Und die Demut ist bei Franziskus ein sehr geistliches Thema, weil sie hat mit der Menschwerdung zu tun. Also aus unserer Sicht, und das ist auch die Tradition des Ordens, das hat der Johannes du Skotus so einmal pontiert dargelegt letzten Endes, dass eigentlich ist Weihnachten wichtiger als Ostern für uns, weil wäre Gott nicht Mensch geworden, könnte er uns nicht erlösen. Das ist ja ganz logisch, das ist keine große Entdeckung. Und für die franziskanische Spiritualität ist es etwas sehr oft Selbstverständliches, dass diese Menschwerdung Gottes sehr im Zentrum steht. Und das ist dann nach den Neu-Testamentlichen Hymnen, die man immer in der Vesper betet, also er hat sich entäußert. Er hat Armut angenommen, damit sieht man auch, wie Gott eigentlich ist, voller Demut. Und Franziskus nennt, also er verwendet immer so Gottes Namen, wie er selber Gott gibt, und er nennt Gott immer wieder Demut. Du bist die Demut. Du bist die Demut. Und das ist auch einer der Gründe, warum, glaube ich, die Armut für uns in unserem franziskanischen Leben sehr wichtig ist. Das hat sehr viel mit der Minoritas zu tun, mit Kleinsein zu tun, dass man nicht größer ist als die anderen. Wenn Franziskus dann, also das ist auch in der Sammlung von Perugia, ich lese nur die Überschriften von so kurzen Kapiteln, warum das Franziskus so wichtig ist, dass die Brüder demütig sind, also dass es ihm wichtig war. Über die Armut der Niederlassungen, über die Armut an Geräten, Armut an Büchern, Armut an Betten und seine eigene Abscheuung über das Geld und so weiter. Also Franziskus war ein Teil seiner Persönlichkeit und auch Spiritualität. Dass er es auch von den Brüdern gefordert hat, dass sie nicht größer sind als die anderen. Das hat einer meiner Mitbrüder immer gesagt, der Pater Terenzius, der ist jetzt in Villach, und das habe ich mir fürs Leben gemerkt, weil wir haben auch immer überlegt, wie wir das Haus jetzt ausstatten sollen. Und was ich angetroffen habe sehr oft in unseren Häusern ist, du kommst in ein Haus, wo fünf Brüder wohnen und hast eine Industrieküche reingebaut. Du hast eine Industriewaschmaschine und einen Industriegeschirrspüler. Alles bequeme Sachen und warum nicht, wenn man sich das leisten kann. Aber er hat mir dann gesagt, er wird nie so etwas kaufen für das Kloster. Und der Grund ist, überleg dir, was eine einfache Familie in Österreich sich normalerweise leistet. Wozu brauche ich eine Industrieküche für fünf Leute? Also nicht größer sein als der untere Durchschnitt, also in den Anschaffungen. Das sollte, es ist noch keine Armut, aber das hat sehr viel mit Demut zu tun. Und diese Verwendung von einfachen Dingen im Alltag ist eine Demutsübung, weil grundsätzlich könnten wir uns in jedem Haus, auch bei euch nehme ich an, uns so super teure Geräte leisten. Das ist alles im Rahmen des Möglichen. Aber ist die Frage, ist es notwendig? Und das ist eine Sache, die für uns, für unsere Spiritualität wirklich grundlegend ist. Diese Frage im Alltag, demütig sein, immer versuchen demütig zu sein und immer eine gewisse Demut vor denen zeigen, die in der Welt leben. Weil man muss sich das auch vorstellen, keiner von uns muss irgendetwas tun, damit wir es warm haben, damit wir zu essen haben, damit du etwas zum Anziehen hast, damit du dir auch etwas leisten kannst, ein paar Bücher. Du musst eigentlich in der Gemeinschaft nichts tun und wirst alles haben, was du zum Leben brauchst und noch viel mehr. Das ist wirklich so. Gott sei Dank bemühen sich sehr viele, etwas zu tun und tragen etwas dazu bei, aber es muss uns auch bewusst sein, uns ist eigentlich alles gegeben. Du musst dir auch keine Sorgen um deine Altersvorsorge machen, auch wenn alle Brüder um dich herum sterben und du der Letzte sein wirst. Du kannst das Haus verkaufen, in dem du bist und davon leben, bis dein Lebensende gut versorgt. Kein Problem. Deswegen ist es wirklich für mich immer elementar wichtig, mich an diese Demut zu erinnern, die Demut des Franziskus. Und die Armut ist dann diese praktische Anwendung der Demut. Also auch für Franziskus, weil für ihn war es eine unglaublich wichtige Frage, welche Geräte die Brüder verwenden und dass da ja nichts sehr Schönes ist. Ich kann mich erinnern, wie ich nach Katowice gekommen bin. Der Pater hat nicht mehr gelebt, aber er war früher Pfarrer dort und auch zur Zeit, also 1981, wo das Kriegsrecht ausgerufen wurde und in Katowice war es die Pfarrer, wo die Franziskaner sind. Da sind sehr viele auch gewesen, wo die Bergleute bei den Aufständen umgekommen sind. Die Begräbnisse waren teilweise bei uns. Er Er war so eine wirklich charismatische Persönlichkeit, der Pfarrer, und ein wirklich großer Mann. Also wirklich eine Größe hat er gehabt. Bei ihm war das aber auch. Er hat sich ein neues Hemd gekauft oder einen neuen Pulli. Dann hat er den hier ausgefranst, damit es aus dem Habit nicht neu ausschaut. Es ist eine Lächerlichkeit, aber die Leute sehen auch von außen, wie wir leben. Die merken das. Und diese Außenwirkung soll nicht der Grund sein für unsere Armut und Demut, aber sie soll uns immer daran erinnern. Die soll uns einfach daran erinnern, wie die Leute uns sehen, wie sie manchmal mit dem Kopf schütteln, wenn sie schauen, wie wir zeitliche Güter verwenden. Oft sagen sie nichts, aber man sieht es in ihren Augen manchmal. Und das soll für uns ein Ansporn sein, ein bisschen mehr zu investieren im Alltag, sich immer zu überlegen, brauche ich das, brauche ich das nicht, muss das das Neueste sein oder kann ich es gebraucht kaufen und so. Das sind lächerliche Fragen letzten Endes, aber für uns, für die franziskanische Nachfolge, ist es grundlegend. Aber ich glaube, dass es nicht der wichtigste Aspekt der Armut für Franziskus war. Dazu die zweite Geschichte. Da geht es, der Titel heißt, der Arme ist Spiegel für den armen Christus. Und das ist wieder so eine Geschichte wie die vorigen und ein bisschen länger. Als der selige Franziskus seiner Einsiedelei, der Brüder in der Nähe von Rocca di Brizio, gegangen war, Um den Leuten jener Gegend zu predigen, traf es sich, dass an jenem Tag, an dem er dort predigen sollte, ein armer und kränklicher Mann zu ihm kam. Als er ihn sah, begann er, über dessen Armut und Krankheit nachzudenken, so dass er durch den Anblick seiner Armut und Krankheit von Liebe und Mitleid mit ihm gerührt wurde und anfing, mit seinen Gefährten über seine Nacktheit und Krankheit zu reden. Also Franziskus hilft ihm auch nicht. Er redet mit den Brüdern darüber, dass da ein armer Mensch ist. Da sagte sein Gefährte zu ihm, Bruder, es ist wahr, dass er arm ist, aber vielleicht findet sich in der ganzen Gegend keiner, der dem Wunsch nach Reiche ist, als dieser. Da tadelte ihn der selige Franziskus, weil er schlecht geredet hätte, so dass er deswegen seine Schuld bekannte. Der selige Franziskus aber sprach zu ihm, willst du dafür Buße tun, die ich dir auftragen werde? Dieser erwiderte gerne. Da sagte er zu ihm, geh und zieh dir deine Kutte aus, dann geh nackt zu dem Armen, wirf dich zu seinen Füßen und sag ihm, auf welche Weise du gegen ihn gesündigt, weil du ihn verleumdet hast. Sag ihm auch, er solle für dich beten, damit Gott dir vergebe. So ging also jene und tat alles, was der Sege Franziskus ihm aufgetragen hatte. Nachdem dies geschehen war, erhob er sich, zog sich die Kutte wieder an und kehrte zum seligen Franziskus zurück. Dieser sprach zu ihm, soll ich dir sagen, auf welche Weise du gegen jenen, nein, vielmehr gegen Christus gesündigt hast? Und er fuhr fort, wenn du einen Armen siehst, musst du jenen betrachten, in dessen Namen er kommt, nämlich Christus, der gekommen ist, um unsere Armut und Krankheit auf sich zu nehmen. Denn die Armut und Krankheit dieses Mannes ist eine Art Spiegel für uns, durch den wir voller Mitleid die Armut und Krankheit unseres Herrn Jesus Christus betrachten und erwägen müssen, die er zur Rettung des Menschengeschlechtes am eigenen Leib getragen hat. Wenn ich diese Geschichte lese oder höre, kommt mir in Erinnerung das Testament vom Heiligen Franziskus. Und der Moment, der für ihn grundlegend war, für seine Berufung. Und es ist nicht so, wie viele Menschen draußen denken, das Gebet vor dem Kreuz von San Damiano und so weiter. Davon ist keine Rede im Testament, sondern die grundlegende Gotteserfahrung von Franziskus war die Begegnung mit dem Aussätzigen. Da ist er Christus begegnet. Und das möchte Franziskus seinen Brüdern immer wieder zeigen, dass der Arme, wie er sagt, ist ein Spiegel für Christus, weil eben Gott seinen Sohn gesandt hat, der ist arm für uns geworden, hat sich entäußert, hat die Armut des Menschseins auf sich genommen, bis zur letzten Konsequenz, bis zum Tod am Kreuz. Ist der Arme immer ein Spiegelbild für Franziskus, für Christus selber. Und wenn er den Armen sieht, setzt es ihn zurück an diesen Punkt seiner Berufung, wo er dem Aussätzigen begegnet und Christus in ihm begegnet. Und deswegen sucht Franziskus immer die Armut. Er möchte, wie er auch später genannt wurde, also er würde das nie sagen, wahrscheinlich, denke ich mir, weil er eben demütig war, aber er wurde sehr schnell von den Brüdern und von den Außenstehenden alter Christus genannt, also der zweite Christus. Weil er ihm so ähnlich wurde. Und das muss man auch entromantisieren ein bisschen, weil Jesus war nicht der Armste der Armen. Er hatte eine Familie, war halbwegs gut versorgt, war nicht vermögend, aber er war nicht ein Arme in der Gesellschaft. Aber in der Menschwerdung des Sohnes Gottes, das ist die Armut selbst, dass er das Menschsein annimmt. Und deswegen war für Franziskus immer Christus das Bild für die Armut Gottes. Und deswegen auch sucht Franziskus diese Armut in seinem Leben zu verwirklichen. Das ist etwas, was in der westlichen Kirche nicht so oft in der Spiritualität verwendet wurde. Da geht es um die Theosis, um die Vergöttlichung des Menschen, also um die Versetzung des Menschen in den Urzustand, wo er gottähnlich ist. Das ist das Ziel für das orthodoxe Mönchtum, zumindest theoretisch. Und da geht es wirklich darum, dass wir wie Gott werden, zumindest in dieser Hinsicht. Und das ist das, was Franziskus versucht, wenn er sich irgendwie in Armut übt. Er möchte wie Gott werden in dieser Hinsicht. Er möchte das Spiegelbild Christi werden. Und das ist eigentlich für mich, und wenn man sich das Leben des Franziskus anschaut. Dieses Zentrale in der Nachfolge des Franziskus. Ihm ging es nicht darum, irgendwie armen Menschen zu helfen oder irgendwas den Brüdern zu erklären. Er wollte persönlich alles wegzulassen. Er wollte sich wie Christus fühlen, auch wenn er es wahrscheinlich nicht so sagen würde, in dieser Hinsicht, wie Gott Mensch geworden ist. Und für mich ist es wirklich der Grund, warum ich mich auch in Armut übermöchte, letzten Endes. Weil es geht nicht um einen Wettstreit, wer von uns weniger hat. Manche ältere Brüder haben sich immer romantisch an die Zeiten erinnert. Früher hat man eine Holzkiste gehabt und die durftest du mitnehmen in ein anderes Kloster. Früher hatte man auch zwei Haarbieter und zwei Paar Hosen vielleicht und so. Schau dir deinen Kleiderstang an. Kannst du das in eine Kiste reinpacken? Vielleicht der Einzelne. Aber ich brauche für meine Bücher schon ein halbes Auto. Ich habe jetzt für mich beschlossen, das ist das letzte Mal, wie ich umgezogen bin, dass ich die Bücher mitnehme. Das mache ich nie wieder in meinem Leben. Mir wurscht, was die Brüder mit ihnen machen. Aber es sind so Dinge, die im Alltag sind. Und warum sollen wir uns um die persönliche Armut bemühen? Und das ist keine richtige Armut, wie sie die Menschen da draußen auch erleben manchmal. Muss man auch ehrlich sagen. Das ist ein spiritueller Vorgang, das ist eine geistliche Übung. Und der Grund dafür ist, dass wir Christus immer ähnlicher werden. Und in dieser Hinsicht kann ich wie Franziskus werden, dass ich mich darum bemühe. Ich kann sicher nicht in der äußeren Ausübung der Armut so wie er werden, will ich auch nicht, muss ich ehrlich sagen, so wie er manche Sachen betrachtet hat, ich sehe das anders. Also Geld darf ich selbstverständlich anfassen, das ist auch eine geschichtliche Sache, aber ich will darauf nicht verzichten müssen. Warum sollte ich? Das macht mit mir nichts, ob ich das Geld anfassen kann oder nicht. Mit Franziskus hat es etwas gemacht, deswegen war es für ihn wichtig. Und wenn ich mich in Armut übe, wenn ich immer wieder darüber nachdenke, wie ich die zeitlichen Güter verwende, das ist kein Kunststück, das ich vollbringen möchte, sondern das soll vielleicht auch dieses Unterscheidungsmerkmal zu anderen Gemeinschaften sein, dass wir die Armut im Alltag üben, damit wir Christus ähnlicher werden. Also für mich ist es eine Überlegung, die mich sehr lange begleitet in meinem Ordensleben, warum soll ich mich drum bemühen? Warum soll ich jetzt auf Dinge verzichten oder mir überhaupt überlegen, welche Waschmaschine kaufen wir für das Haus? Weil es wichtig ist, weil das mit uns auch etwas macht. Und es geht wirklich darum, sich mit den Wenigen zu begnügen, das vielleicht auch andere haben, nicht um ihnen gleich zu sein oder solidarisch mit ihnen zu sein, das kann auch ein wichtiger Aspekt sein. Aber um etwas nachempfinden zu können, wie Gott eigentlich ist. Also in der Menschwerdung. Das ist der zentrale Punkt für die franziskanische Theologie. Die Menschwerdung Gottes, die Entäußerung, die in Christus dann sichtbar wird, in Jesus sichtbar wird, das ist für uns der zentrale Punkt. Ich möchte euch das einfach ans Herz legen, geben die paar Überlegungen, weil es immer wieder, glaube ich, gut tut, sich damit auseinanderzusetzen. Und auch wenn das Thema Armut in den franziskanischen Gemeinschaften abgedroschen ist und auch etwas Selbstverständliches ist, bedeutet es noch lange nicht, dass man sich damit nicht auseinandersetzen sollte. Immer wieder aufs Neue, weil was ist schon der Unterschied zu den anderen Gemeinschaften? In der Praxis, im praktischen Leben. Dass du einen anderen Habit hast, meine Güte, wenn du überhaupt einen hast. Es gibt mittlerweile sehr viele Brüder, die auch auf den Habit verzichten. Und das ist okay so, meine Güte. Das ist eine persönliche Entscheidung letzten Endes. Aber was unterscheidet uns in unserer Lebensweise? Was ist das? Und ich glaube, dass wenn wir uns mit dem Thema Arm und immer wieder neu auseinandersetzen, dass das unseren Gemeinschaften nur gut tun kann. Danke, ich möchte euch nicht länger belästigen.